Der Ärger beginnt mit einem Schnäppchen. 9.99 Euro pro Monat, zwei Jahre Laufzeit, eine kleine Internet-Flatrate. Der Handyvertrag von blau.de (nur zahlen, was Sie verbrauchen) ist mir empfohlen worden. Auch mein Mann wechselt zu blau (transparent und ohne Schnick Schnack). Die ersten Rechnungen kommen. Statt 9,99 Euro soll mein Mann plötzlich über 80 Euro zahlen. Von mir verlangt blau.de rund 16 Euro, sechs Euro mehr als im Vertrag stehen. "Bei Ihrem Vertragsabschluss ist eine technische Beeinträchtigung aufgetreten, die dafür sorgte, dass alle Verbindungen berechnet wurden", antwortet die Mobilfunkfirma auf die Reklamation. Sieben Euro werden mir gutgeschrieben. Mein Mann bekommt sein Geld nicht zurück, sondern eine Gutschrift über 80 Euro. Ohne zu fragen, nimmt sich blau.de einen Mini-Kredit. Immerhin stimmen seine Rechnungen fortan.
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Die zweite Rechnung, die blau.de mir zuschickt, weist lauter merkwürdige Internetverbindungen aus. Mitten in der Nacht soll ich im Netz gesurft haben. Dabei habe ich tief und fest geschlummert. Mein Handy müsse sich automatisch selbst ins Netz eingewählt haben, erklärt mir eine Blau-Mitarbeiterin. Dass das Handy nachts ausgeschaltet ist, lässt sie nicht gelten.
Bei einem Internetanbieter, der falsche Rechnungen ausstellt, will ich nicht bleiben. Ich kündige, berufe mich auf ein Urteil des Amtsgericht Frankfurt Oder: "Ein Kunde kann zur außerordentlichen Kündigung eines Mobilfunkvertrages berechtigt sein, wenn bereits die ersten beiden Abrechnungen mit Fehlern behaftet sind, und wenn der Kunde auf eine zukünftig ordnungsgemäße Abrechnung nicht vertrauen kann" (Az.: 2 C 307/00).
blau.de verweigert die Kündigung
Doch blau.de lässt mich nicht ziehen. "Eine vorzeitige Kündigung lehnen wir ab", schreibt mir der Kundenservice. Als ich auf meine Kündigung poche, bekomme ich zur Antwort: "Wir bitten Sie, von weiteren Eingaben zu diesem Thema abzusehen. Einen fortgesetzten Schriftverkehr dazu erachten wir als nicht zielführend." Blau.de erinnert mich an meine Zahlungspflichten: "Beachten Sie bitte, dass fortan fällige Rechnungsbeträge innerhalb von 7 Tagen ab Rechnungserstellung per Überweisung auf unten genannte Bankverbindung auszugleichen sind."
Als die nächste Rechnung kommt, bleibe ich stur. Der Vertrag ist gekündigt. Soll blau.de mich doch verklagen. Doch die Mobilfunkfirma zieht nicht vor Gericht. Sie beauftragt ein Inkasso-Unternehmen, das mir eine Rechnung schickt. Hauptforderung 10,95. Plus 3 Cent Zinsen. Plus 2,40 Euro Mahnkosten. Plus 27 Euro Inkassogebühr. Macht 40,38 Euro. Mit jeder unbezahlten Kleinrechnung wird so die Gesamtforderung in die Höhe getrieben. Und die Gebühren sind nicht mal übertrieben. Inkassobüros dürfen nicht mehr verlangen als Rechtsanwälte. Ein Anwalt kann bei einem Streitwert von bis zu 500 Euro eine Geschäftsgebühr von 83,54 Euro kassieren. Das Inkassobüro ist auch nach Paragraf 10 des Rechtsdienstleistungsgesetz registriert. Nur Inkassobüros, die dort registriert sind, dürfen Schulden eintreiben. Alles in Ordnung, also? Gläubiger hätten eine "Schadensminderungspflicht", das heißt, sie müssen den Schaden möglichst klein halten, erklärt mir der Hamburger Verbraucheranwalt Jörg Hiller. Dass blau.de für Kleinstbeträge Inkassobüros auf seine Kunden hetzt, hält der Jurist "zumindest für fragwürdig".
Inkasso-Post trotz bezahlter Rechnung
Mal sehen was passiert, wenn ich nicht zahle. Stehen plötzlich zwei schwergewichtige Herren in dunklen Anzügen vor meiner Tür? Werden sie mir drohen? Mit bösen Blicken? Oder Fäusten? Mich bei den Nachbarn anschwärzen, als Eine, die ihre Rechnungen nicht zahlt? Nichts dergleichen geschieht. Das Inkassobüro schickt mir eine Mail mit der Durchwahl eines Mitarbeiters, der höflich um Rückruf bittet. Inkassobüros berechnen für solche Gespräche allerdings gerne mal eine "Einigungsgebühr" und die Rechnung wird noch teurer, also rufe ich nicht an. Doch die Lust am Streiten ist mir vergangen. "Ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage", überweise ich die 40,38 Euro.
Als die nächste Rechnung über 7,99 Euro kommt, überweise ich brav zwei Tage später. Fünf Tage hat mir blau.de Zeit gegeben. Doch schon am nächsten Tag, also drei Tage nachdem mich die Rechnung erreicht hat, liegt wieder ein Schreiben vom Inkassobüro im Briefkasten. Hauptforderung 7,99 Euro, Mahngebühr 1,20 Euro, Inkasso-Gebühren 27 Euro, macht 36,19. "Dass Sie das Inkasso-Unternehmen nicht darüber informieren, dass Forderungen beglichen werden, zeigt mir einmal mehr, dass blau.de nicht in der Lage ist, korrekte Rechnungen auszustellen", schreibe ich dem Kundenservice. "Sie erinnern sich vielleicht: Das war der Grund, warum ich den Vertrag außerordentlich gekündigt habe." Es dauert elf Tage bis mir blau.de bestätigt, "dass sämtliche offenen Forderungen beglichen sind." Der Mobilfunkanbieter entschuldigt sich nicht. Im Gegenteil. "Um solche Überschneidungen und Unannehmlichkeiten vermeiden zu können, stellen Sie bitte auf das Lastschriftverfahren um." Eine Firma, die mir falsche Rechnungen geschickt hat, möchte Zugriff auf mein Konto. Ganz schön dreist. Wie ein Hohn liest sich die Werbung unter der Mail. "Im Februar 2015 wurde blau im Rahmen der Studie ,Mobilfunkanbieter’, durchgeführt von DISQ, erneut Testsieger und belegt wie schon in den Jahren 2013 und 2014 den 1. Platz!".

Kein Einzelfall bei blau.de
Ein Blick ins Netz verrät, dass ich offenbar kein Einzelfall bin. In Foren klagen Kunden über blau.de. "Kündigung wird ignoriert", schreiben sie. Oder: "Der Anbieter blau ist wegen ständiger fehlerhafter Rechnungen nicht zu empfehlen." Und: "Leider hat blau.de seinen vormals bescheidenen Kundenservice nun komplett eingestellt."
Meine Erfahrungen seien auf eine "Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen", entschuldigt sich die Pressestelle von blau.de. Tatsächlich sei die Flatrate wegen einer "technischen Beeinträchtigung damals in der Abrechnung nicht berücksichtigt" worden und falsche Rechnungen ausgestellt worden. Wie viele Kunden betroffen sind, verrät das Unternehmen nicht. Dass blau.de auch bei geringen Beträgen Inkasso-Firmen auf seine Kunden ansetzt, sei gerechtfertigt. "Die Höhe des ausstehenden Betrages ist dabei nicht das maßgebliche Kriterium." Immerhin darf ich nun gehen.
Ein paar Dinge habe gelernt: Ich werde nie, nie, nie wieder einen Handyertrag unterschreiben, der über zwei Jahre läuft. Vier Wochen Kündigungszeit sind das höchste der Gefühle. Um Kunden, die sich für Jahre gebunden haben, muss man sich offenbar nicht mehr bemühen. Einzelverbindungsnachweise sind ein Muss. Und mit einem Inkasso-Büro will man nicht wirklich was zu tun haben. Nicht mal, wenn es keine dunkel gekleideten Herren schickt.
Hier können Sie den Ratgeber "Die fehlerhafte Handyrechnung" lesen.
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"Nicht stören" wird in iOS 12 noch praktischer. Hält man das Halbmond-Symbol im Kontrollzentrum gedrückt, erscheint eine Auswahl, wie lange der Modus eingeschaltet bleiben soll - und die neue Möglichkeit, ihn bis zum Verlassen des aktuellen Ortes aktiv zu lassen. So herrscht im Kinosaal oder dem Restaurant Ruhe.