Narwal Freo Diesen Saug-Wisch-Roboter kennt niemand – gerade deshalb ist er einen Blick wert

Narwal Freo
Ein neuer Stern am Roboter-Himmel? Der Einstand ist Narwal mit dem Freo jedenfalls gelungen.
© Narwal
Saugroboter gibt es wie Sand am Meer. Neue Hersteller haben daher einen schweren Stand. Denn warum sollte man sie etablierten Marken vorziehen? Narwal versucht es trotzdem – und liefert mit dem Freo ein überraschendes Gesamtpaket mit nur wenigen Kinderkrankheiten.

Vor nicht allzu langer Zeit waren Saugroboter mit Wischfunktion und automatischer Reinigung ausgesprochen teuer. Manche sind es auch heute noch. Der Roborock S8 Pro kostet 1.500 Euro, sein Vorgänger, der S7 MaxV Ultra (hier im Test) liegt auch ein Jahr später noch bei über 1.100 Euro. Doch die Technik wird günstiger. So gibt es bereits sehr preiswerte Alternativen wie den Yeedi Mop Station für rund 500 Euro und den Ecovacs Deebot X1 Omni für knapp unter 1.000 Euro. Aber: Eigentlich ist der Markt gut abgedeckt – nur wenige wirklich neue Hersteller kommen noch hinzu. Ein Grund mehr also, sich den Freo von Narwal anzuschauen. Das chinesische Unternehmen ging 2021 mit der ersten Kickstarter-Kampagne live und startete kürzlich den Verkauf des fertigen Roboters über Amazon. Die Ansage: Qualität wie bei den Großen, Preise (fast) wie bei den Kleinen. Der Narwal Freo kostet derzeit rund 850 Euro.

Geliefert wird der Freo in einem riesigen Paket. Denn trotz des Preises von 849 Euro (mit Coupon) handelt es sich um ein Bundle aus Roboter und Reinigungsstation. Der Aufbau ist selbsterklärend, äußerst positiv ist die Möglichkeit, Reinigungsmittel in die Station zu stecken. Das ist längst nicht Standard – Geräte anderer Hersteller reinigen nur mit Wasser. 

Der Aufbau des Freo weicht ebenfalls von den meisten Produkten ab. An der Front befinden sich zwei Bürsten, die etwas über das Gerät hinausgehen, damit er besser in die Ecken kommt. Danach folgt auf der Unterseite die Bürste, die den nach Innen gekehrten Dreck in den Behälter saugt. Zuletzt folgen zwei rotierende Wischpads, die aufgrund ihrer Form in der Mitte ineinandergreifen. Dadurch soll eine durchgehende Wischfläche erreicht werden, die sauberer wird, als bei einem länglichen Lappen, der vom Roboter lediglich hinterhergezogen wird.

850 Euro für einen Saugroboter mit künstlicher Intelligenz und Wischmop – wo ist der Haken?

Der Hersteller wirft zum Marktstart nicht nur mit einem wettbewerbsfähigen Preis um sich, sondern auch mit zahlreichen neuen Technologien, die das Reinigungsergebnis nach eigenen Angaben noch besser machen. Mit "AI Dirtsense" sollen besonders dreckige Stellen erkannt und automatisch mehrfach gewischt werden, mit "Edgeswing" sollen die Wischpads wirklich in jede Ecke kommen und ein Display an der Station soll die Bedienung ohne App erleichtern.

Ganz ohne Smartphone-Software geht es aber natürlich nicht, wenn man das volle Potential des Roboters ausschöpfen will. Die App ist vom Aufbau her klassisch gehalten. Nach einmaliger Durchfahrt erhält man eine Karte der Wohnung, danach kann man bestimmte Bereiche festlegen, Optionen für die Reinigung vornehmen und den Roboter einstellen. Der Freo vermisst sein Umfeld übrigens nur mit Lidar und anderen Sensoren, eine Kamera, die vielen bei Robotern ein Dorn im Auge ist, gibt es nicht.

Narwal Freo App 2
In der App lässt sich die Karte nach der ersten Durchfahrt konfigurieren. Im Test klappte das Zusammenlegen der Räume nicht immer. Die Einstellungen für den Roboter sind vielfältig.
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Allerdings machte sich im Test schnell bemerkbar, dass die Software offenbar noch etwas unausgereift ist. Das Teilen und Zusammenlegen der Räume gelang nicht auf Anhieb und bis zur einwandfreien Wohnungskarte vergingen einige Versuche. Danach ist es natürlich auch möglich, einzelne Räume zu reinigen. Sehr gut: Wenn die Karte erstmal steht, lässt sich den Räumen auf der Karte eine Priorität für die Gesamtreinigung zuweisen. Das ist besonders bei kurzen Abwesenheiten sehr praktisch, zuerst die Zimmer reinigen lassen zu können, die man nach der Rückkehr als erstes wieder braucht.

Freo App 1
Die wichtigsten Einstellungen lassen sich in der App vornehmen, für den Alltag reicht das Display an der Station des Saugroboters. Die Live-Ansicht der laufenden Reinigung funktioniert gut.
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Für Häuser wichtig: Eine Mehretagenfunktion ist vorhanden, es lassen sich bis zu 4 Karten hinterlegen. Bauartbedingt kann er aber nur auf der Etage wischen, wo seine Station steht – ihm fehlt ein eigener Wassertank.

Die Reinigungsstation des Narwal Freo ist optisch gelungen, obwohl sie so groß ist. Der Grund ist klar: Die zwei 4,5-Liter-Wasserbehälter brauchen Platz. Sehr schade: Das Dock hat keine Absaugfunktion – das machen andere Hersteller besser. Wenn der Freo also fertig ist, reinigt er zwar seine Wischtücher, aber der Dreck muss manuell aus dem großzügigen Auffangbehälter entfernt werden. Positiv hingegen ist die eingebaute Trockungsfunktion zu bewerten, die verhindert, dass die feuchten Lappen bei längerer Standzeit Schimmel ansetzen und müffeln.

Für die Reinigung stehen fünf Modi zur Verfügung: Saugen, wischen, erst saugen, dann wischen, saugen und wischen und der Freo-Mode. Letzterer ist in der Lage, die Verschmutzung des Bodens selbst einzuschätzen und gegebenenfalls mehrfach zu fahren.

Unausgereifte Software mit viel Potential

Bei der Navigation des Roboters gab es im Test ein paar unüberwindbare Hürden. Denn der Narwal Freo scheint mit der aktuellen Software-Version ein Problem mit Kanten zu haben – oder die KI braucht länger, um das zu lernen. Bis zu einer Höhe von rund 1,5 Zentimetern überwindet er Höhenunterschiede problemlos. Bei über zwei Zentimetern versucht er es gar nicht erst. Dazwischen steht der Roboter trotz Lidar vor echten Problemen. Das Gestell eines Beistelltisches mit 1,8 Zentimetern Höhe verwirrte den Freo so sehr, dass er länger versuchte, es zu überwinden. Statt aufzugeben, erkannte er das schwarze Gestell aber immer wieder als besonders dreckige Stelle, sodass er stets frustriert zur Station fuhr, sich reinigte und einen neuen (vergeblichen) Anlauf unternahm, das schwarze Aluminium endlich blitzeblank zu reinigen.

Narwal Freo Couchtisch
Da muss der Hersteller nochmal ran: Der Narwal Freo hat sich im Test fest vorgenommen, das Gestänge des Tischs zu reinigen. Das kostete eine Menge Zeit und Wasser – und brachte am Ende nichts. Die beste Reinigung gelingt diesem Gerät – wenig überraschend – wenn keine Hindernisse im Weg stehen.
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Im Idealfall gilt also auch für den Freo: Möbel hoch, Kabel weg und Kleinkram wegräumen. In einer sehr vollen Wohnung mit entsprechend vielen Hindernissen wird der Roboter, wie viele andere auch, früher oder später in Schwierigkeiten geraten. Das gilt besonders für Kabel, die er Freo unnachgiebig durch den Raum zerrt.

Durch seine Höhe gelangt der Freo nicht unter jedes Möbel, in der Testwohnung war es dem Roboter nicht möglich, die Bereiche unter der Couch und unter dem Bett zu erreichen. Mit einer Höhe von 10,6 Zentimetern ist er ungewöhnlich hoch – der Roborock S7 MaxV Ultra ist fast einen ganzen Zentimeter tiefer.

Bei freier Fahrt macht der Narwal Freo eine sehr gute Figur. Mit seiner Saugkraft von 3.100 Pa (weniger als bei den Luxus-Saugern) zieht er den Dreck von Hartböden besonders gut weg. Auf Teppichen kann es passieren, dass er nicht jede Verunreinigung mitnimmt – besonders bei hochflorigen Exemplaren. Damit ist der Freo aber nicht alleine. Wer seinen Teppich wirklich lückenlos absaugen will, braucht am besten einen Staubsauger mit elektrischer Bürste und ordentlich Unterdruck. Aber: Dadurch, dass der Freo Teppiche zuverlässig erkennt, hebt er die Lappen vor der Reinigung an und verhindert damit, dass der Stoff nass wird. Das funktionierte im Test einwandfrei.

Narwal Freo Auffahrt Küche
Größere Höhenunterschiede überwindet der Narwal Freo verlässlich. Aber nicht immer sollte er das – siehe Test.
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Die Arbeit verrichtet der Roboter insgesamt angenehm leise. Laut Hersteller arbeitet Freo mit maximal 57 Dezibeln, was im Test auch ungefähr hinkam. Nicht viele Roboter stören im Betrieb so wenig. 

Wisch und weg

Das Wischen ist die Paradedisziplin des Narwal-Saugers. Die zwei großen und erstaunlich schnell rotierenden Bürsten drehen sich laut Hersteller mit 180 Umdrehungen pro Minute, woraus eine tolle Leistung resultiert. Je nach Boden variiert der Roboter den Anpressdruck zwischen sieben und zwölf Newton, was ungefähr vergleichbar mit zwei schrubbenden Händen ist. Auch bei besonders schmutzigen Stellen verhält sich der Roboter äußerst menschlich, denn wenn es sein muss, fährt er auf einer Stelle auch mal zurück und dann wieder vor. Mit seiner Ecken-Technik, bei der er den hinteren Teil immer wieder zur Wand dreht, bleibt an geraden Wänden kaum Dreck übrig. Bei tückischen Ecken sieht das – wie oft bei Robotern – leider anders aus.

Narwal Freo Küche
Selten hat ein Saugroboter Hartböden so gut gewischt. Durch seine zwei ineinanderlaufenden Lappen und das integrierte Reinigungsmittel hinterlässt der Freo ein Top-Ergebnis.
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Das Reinigungsmittel fällt indes nicht auf. Zwar schäumt es ganz leicht, wenn der Sauger kurz zuvor gewischt hat, aber es riecht weder besonders angenehm, noch schlecht. 

Lässt man den Roboter im Freo-Modus wischen, verbraucht er erstaunlich viel Wasser. Das kann so viel sein, dass schon 80 Quadratmeter mit nur einem Tank nicht möglich sind. Zumindest war genau das im Test der Fall. Es scheint aber daran gelegen zu haben, dass die künstliche Intelligenz, die für die Erkennung von Schmutz zuständig ist, bei ihrer Einschätzung der Lage etwas übertrieben hat und den Roboter wieder und wieder auf die Reise schickte. 

Narwal Freo Ecke
Zwar hat der Narwal Freo eine besondere Technik, um entlang von geraden Wänden wirklich bis zum Rand zu wischen, aber mit kleineren Ecken hat auch er Probleme – wie jeder andere Wischsauger auch.
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Für die unbeaufsichtigte Reinigung ist das natürlich ein großer Nachteil, den man unbedingt per Software nachjustieren sollte. Für den Moment kann man das auch selbst erledigen, denn die Rückkehr zur Station lässt sich in mehreren Stufen einstellen, die "smarte" Erkennung von Flecken ebenso.

Der Akku reicht indes für ungefähr rund 120 Quadratmeter. Ein Aufladen während der Reinigung sollte also in den meisten Fällen entfallen. Und wenn es mal sein muss, dauert es rund zwei Stunden.

Fazit: Der Narwal Freo ist ein gelungener Einstand

Ein toller Einstand für den Newcomer. Der Narwal Freo ist nicht der beste seiner Gattung, aber gemessen am Preis liefert er ein sehr gutes Ergebnis. Besonders in Wohnungen, die hauptsächlich aus wischbaren Hartböden bestehen, ist der Roboter ein echter Gewinn. Seine Wischfunktion ist ohne Zweifel eine der besten am Markt, zumal automatisch Reinigungsmittel beigemischt wird und die Lappen nach der Reinigung getrocknet werden.

Bei der Saugleistung schwächelt der Freo im Vergleich mit Luxus-Saugern etwas, gleiches gilt für die Station, die leider nicht in der Lage ist, den Roboter zu entleeren. Sofern aber die Wohnung in einem aufgeräumten und grob vorgereinigten Zustand ist, lässt sich mit dem Freo ein hohes Sauberkeitslevel halten.

Bei der Software muss der Hersteller nochmal ran, hier fielen sowohl Fehler bei der Raumplanung als auch viel zu häufige Nachreinigungen auf. Das Problem mit Hürden zwischen 1,5 und zwei Zentimetern fiel ebenfalls störend auf, derartige Hindernisse mag der Roboter nicht besonders.

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